Montag, 13. Juli 2015

Tag 3 - Ode to you

Lieber Papa,

drei Tage ist es nun her, seit du weg bist. Es fühlt sich an wie eine Ewigkeit.
25 Jahre lang hast du auf mich aufgepasst. Du hast deine kleine Prinzessin beschützt mit allem, was du hattest. Das Mindeste, was ich nun tun kann, ist dich in liebevoller Erinnerung zu halten, und dir ein paar Worte zu senden.
Papa - was wäre ohne dich aus mir geworden? Du warst immer an meiner Seite und hast mich auf den richtigen Weg gelenkt. Ich will mir nicht ausmalen, was beruflich nun auf meiner Visitenkarte stünde. Wären meine Kindeswünsche nun wahr, wäre ich irgendetwas zwischen Vogelzüchterin und Nageldesignerin. Deine Antwort darauf war stets: Dafür brauchst du kein Abitur. Aber du machst Abitur! Und dann lernst du etwas Vernünftiges! Ich weiß, dass "etwas Vernünftiges" für dich sicher ein bisschen mehr Mathe oder Physik beinhaltet hätte, als mein jetziger Job. Aber als ich so ca. in der 8. Klasse wusste, dass ich "irgendwas mit Medien" machen möchte, warst du stolz wie Oskar.
Du hast mir so viel beigebracht. Was habe ich nicht alles von dir gelernt.
Ohne deine Ermahnung würde ich eine Glühlampe immer noch Glühbirne nennen. Aber du hast mir schon als kleines Mädchen beigebracht, dass es kein Elektroobst gibt. Durch wen hätte ich lernen können, dass Diesel-PKWs keine Lambdasonde haben, wenn nicht durch dich! Und wegen dir bin ich wohl auch das einzige Mädchen in ganz Schwaney, dass mit einer Spurbreite H0 etwas anfangen kann. Und ich weiß gerade jetzt sitzt du da oben und berichtigst mich, weil es eine SpurWEITE ist.

Überhaupt hast du mir eine sehr wichtige Charaktereigenschaft vermacht. Wir teilen uns unseren ostwestfälischen Sturkopf, unsere Diskussionsfreude und auch einen kleinen Funken Streitsucht. Ich habe das nie für schlechte Eigenschaften gehalten. Es bedeutet doch schließlich, dass man eine eigene, klare Meinung hat, diese äußern und auch vertreten kann. Manchmal zu gern. Richtiges Streiten ist aber doch viel besser als falsches Liebhaben. Wer immer "Ja und Amen" sagt, der kann doch nicht weit kommen. Man muss nur wissen, wie man sich nachher wieder verträgt.

Du kannst ruhig zugeben, dass du es genau geliebt hast wie ich, generell anderer Meinung zu sein. Wie oft hast du mich in meinem Leben so richtig genervt. Und nicht nur mich! Wegen Kleinigkeiten sind wir aneinander geraten. Weil ich die Lego Eisenbahn irgendwann nicht mehr so toll fand, wie du es gern gehabt hättest. Heute würde ich sie jeder Barbie Puppe vorziehen. Du hast meinen Musikgeschmack aufs Schärfste kritisiert. "Früher gab es noch gescheite Musik" hast du immer gesagt. Ich habe es lange nicht zugegeben, aber natürlich hattest du Recht. Was sind Justin Bieber, Kollegah und Helene Fischer denn bitte gegen die Beatles, Eric Clapton oder die Dire Straits? Dein Kommentar zu meinem Wunsch nach dem Opel Corsa einen Audi zu fahren war "Den parkst du nicht vor unserem Haus!". Ich glaube am Ende warst du ganz zufrieden mit meiner Wahl.
Auch bei den Fußballvereinen waren wir uns nicht einig. Du warst glühender Anhänger des SCP und hast dir keinen Live-Stream entgehen lassen. Du hast es abgrundtief gehasst, wenn ich als ostwestfälische Doppelherz-Fußball-Sympathisantin immer öfter auch dem DSC zugejubelt habe. Aber die Ergebnisse der Zweiten Mannschaft des TuS - die wolltest du immer als erster. Den Tabellenplatz immer im Kopf.
Und wie oft wir uns auch bis aufs Blut gefetzt haben, angeschrien und tagelang nicht miteinander reden wollten, ich wusste ich kann mich immer auf dich verlassen. Du hättest mich vom letzten Winkel der Erde geholt, wenn ich dich gebeten hätte.

Du warst der Mann meines Lebens, mein Idol, mein Held. Und ich habe nichts als Bewunderung dafür übrig, dass du den schweren Kampf gegen den Krebs mit so viel Würde, Tapferkeit, Mut und vor allem Humor ertragen hast. Du hattest immer die große Hoffnung, noch einmal nachhause zu kommen und eventuell wieder gesund zu werden. Sie hat sich auf so traurig und viel zu schnell zerschlagen. Ich kann nur hoffen, dass Mama und ich diese schwere Zeit ohne dich mit ebensoviel Kraft und Humor ertragen werden und kämpfen, auch wenn es hart wird.

Ich werde dich jeden Tag meines Lebens vermissen, aber ich weiß du bist bei mir und passt auf mich auf. Sollte mir jemals das Glück vergönnt sein, selbst Kinder zu bekommen, so werde ich Ihnen schon im Kleinkindalter beibringen, dass eine Glühbirne eigentlich eine Glühlampe ist und eine Lampe eigentlich eine Leuchte. Ihr erstes Auto wird ein Opel und sie werden entweder Atomphysiker oder Heizungstechniker. Und sie werden streiten lernen und blöde Witze. Und das alles werden sie von ihrem Opa haben. Dem besten Vater der Welt.

Deine Julia

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